Der leere Tisch und das Heil | Karfreitag, 10. April 2020 | Haselbach

von Kristin Jahn, Superintendentin

Drei Schläge und einer stirbt am Kreuz. Es ist Karfreitag in der Welt. Wir bedenken, wie sterblich wir alle sind und wie Gott für uns starb am Kreuz.

Wir feiern die Stille an diesem Tag, mit dem, der uns schuf und der für uns starb und mit dem, der uns begeistert hat für Güte und Hoffnung dieser Welt. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN

Lied: Dieses Kreuz vor dem wir stehen 

Psalm
Jesus hat gebetet am Kreuz. Worte, die anderen schon auf der Zunge lagen, hat er benutzt, Worte aus Psalm 22. Wir leihen sie uns heute auch:
Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? Was soll das ganze Elend in der Welt.
Ich schrie, aber meine Hilfe ist ferne.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe
was soll das ganze Elend in der Welt? Warum kommst du nicht und löst uns heraus? Stellst das Elend ab wie einen Wasserhahn, das Elend überflutet diese Welt
Du aber bist heilig – das wollen wir glauben, daran erinnern wir dich. Wir glauben, dass du aus all dem etwas Bessres machen kannst,
der du thronst über den Lobgesängen Israels.
Unsere Väter hofften auf dich; und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.
So auch wir, so bitten wir dich, so strengen wir uns an und du, Gott, jetzt bitte auch. Streng dich an, komm und hilf uns heraus.
AMEN

Andacht
Es war schön mit euch, ich bereue nichts. Ein Wort, weiß wie ein Tischtuch, ein Gruß. Ein Wort, mit dem alles wieder losgehen kann, auch wenn alles zu Ende ist.
Als Jesus ein letztes Mal mit seinen Freunden gegessen hatte, war hinterher die Stube leer, aber der Tisch stand immer noch da.  Mitten im Raum.
Und auf dem Tisch lag noch das weiße Tischtuch, standen noch die leeren Teller, hier und da waren noch ein paar Brotkrumen und ein Rotweinfleck. Alles war noch da.
Der Tisch stand in der Mitte des Raumes wie eine Erinnerung. Der leere Tisch und das Heil. Es war schön mit euch, ich muss nun gehen und ich bereue nichts.
Die Frauen, die den Tisch abräumten, dachten bei den Brotkrumen noch einmal an den Abend zurück.
Wie sie da alle noch einmal zusammengesessen hatten. Alle vereint. Nur Judas war plötzlich aufgestanden und gegangen. Und dann diese Stille, als Jesus sagte, dass er gehen wird und keiner von ihnen kann mitkommen und einer wird mich verraten von euch.
Diese unheimliche Stille am Tisch, als wenn das Tischtuch gerissen wäre. und jeder fragte: Herr bin ich´s und Jesus, der sagte, dass er letztlich doch ein Einzelner ist. Halten kann mich keiner in der Welt, halten kann uns alle nur Gott. Diese unfassbare Stille nach dem Wort, ein Staunen und Nichtbegreifenwollen.
Als die Frauen den Tisch abräumten, die Kerzen, das Gebetbuch, den Rotweinkrug, da dachten sie noch einmal an Jesu Worte zurück.
Nehmt hin und trinkt und wie sie alle getrunken hatten, als wenn das der letzte Schluck Wasser auf Erden wär, das, was alle Fragen stillt, allen Durst und alle Sehnsucht.
Und die einen tranken schon mit einem Kloß im Hals und die anderen wussten nicht, wie ihnen geschah.
Und jetzt saßen sie hier. Mit Tränen am Tisch, denn Jesus war tot.
Sie hatten ihn gesehen, wie er dort hing am Kreuz. Und keiner war eingeschritten. Auch sie nicht.
Keiner hatte es mit Jesus ausgehalten, draußen in der Nacht, in dem Garten Gethsemane. Das Paradies gab es nicht mehr. Das Paradies war plötzlich menschenleer, Soldaten hatten Jesus abgeholt.
Und die Frauen hatten bitterlich geweint, dort unter dem Kreuz und sie haben gehört, was Jesus ganz zum Schluss sagte: Ach, Vater, vergib ihnen doch, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Am Ende für die andren ein Gebet.
Am Ende war da immer noch Liebe für sie und deswegen hat auch jeder geheult, weil sein Tod so ungerecht war, so sinnlos und so unfassbar kalt.
So menschenleer und Jesu Herz für sie immer noch voll und schwer. Sein Herz brannte immer noch für sie. Ach, Vater, vergib. Hängt da und betet für sie, aller Finsternis einfach zum Trotz.
Als sie das hörten, da konnten sie nicht mehr, da haben sie nur noch geweint, geweint wie die größten Schlosshunde und sich zu Hause eingesperrt. Es war alles dunkel mitten am Tag.

Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzendende der Evangelischen Kirche in Deutschland, hat kürzlich in einem Artikel für die Zeitschrift Chrismon geschrieben: „Der Karfreitag lehrt uns, mit unseren Erfahrungen von Ohnmacht klarzukommen.“ Ja, denke ich, das stimmt. Aber zugleich lehrt uns Jesu Tod so unendlich viel mehr:
Sein Tod lehrt mich seine unendliche Liebe. Sein Sterben am Kreuz lehrt mich, in der Liebe zu bleiben noch im Tod. Ohne alle Bitterkeit.
Da hängen, nichts tun können, aber beten und lieben.
Jesus Tod lehrt mich, mir in der Liebe ein luftiges Haus zu bauen, mich einzurichten darin.
Auf Fundamente zu bauen, die keiner zerbrechen kann.
Jesu Sterben lehrt mich, mir in Gott ein Obdach zu suchen, gerade dann, wenn nichts mehr hält.
Und es lehrt mich auch, mich nicht auf Menschen zu verlassen, letztlich kann mich nur Gott retten halten, das muss ich wissen, aber ich kann trotzdem für die ganze Welt mein Herz offenhalten und selbst für meine Widersacher beten: Ach, Vater, vergib! Ich befehle meinen Geist in deine Hände.

Karfreitag ist ein Tag, der mich an mein Ende erinnert. Er stellt mich vor die Frage, wie ich einmal aus der Welt gehen will.
Was soll einmal von mir bleiben, wenn ich sterbe?
Was sollen die anderen von mir einmal sagen, wenn ich nicht mehr bin?
Was für Zeichen wollen wir unseren Nachfahren auf den Tisch stellen, wenn alles abgeräumt ist von unserem Leben?
Vorwürfe, Bitterkeit oder Brotkrumen und ein Rotweinfleck, Zeichen der überfließenden Fülle und Liebe!?

Die Freunde, die Jesus im Stich gelassen hatten, haben am dritten Tag nach seinem Tod die Frauen gesehen, wie sie vom Grab zurückkamen und als die Frauen sagten, Jesus lebt, da haben sie es nicht glauben wollen.
Sie haben gesagt, ihr spinnt! Aber die Frauen wussten, was sie gesehen und gehört hatten.
Und dann ist Jesus ihnen erschienen, und sie haben ihn erkannt, als er mit ihnen das Brot brach. Er war da, mit seiner ganzen Liebe, allem Versagen zum Trotz.
Das ist Ostern, das ist die Liebe am Kreuz und die Liebe, die für uns aufsteht, Liebe, die für uns in den Keller geht, dort wo alles dunkel ist und die Finsternis haust. Liebe, die für uns ein Licht anmacht und für uns eine Kerze ins Fenster stellt, die sagt: Komm gut durch die Nacht nach Haus!
Gott kommt und er trägt meine Schuld. Er wischt das Böse einfach weg: das Schweigen, das Unrecht, die Feigheit, die sagt, ach, ich kenne dich nicht. Alles wischt er einfach weg.
So eine Liebe treibt mir die Tränen in die Augen. Sie ist so viel größer als alles, was wir vermögen und wir dürfen in ihr wohnen, uns einrichten in ihr. Ihr nachspüren, dieser Liebe am Kreuz.
Was am Ende bleibt, ist mehr als nur ein Kanten Brot, mehr als ein leerer Tisch. Was bleibt, ist das ganze Heil und Gott sagt: Ich lade dich ein und ich vergebe Dir. Das ist das Wunder vom Kreuz.
In dieser Liebe lasst uns wohnen und der Friede Gottes, der höher ist als alles, was wir verstehen, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN

Lied: Lotte …dann soll da Liebe sein

 

Glaubensbekenntnis (mit Worten vom Kirchentag 1983 unter dem Motto Vertrauen wagen)
Ich glaube dir, Menschensohn, wirklicher Mensch, Mensch aus Gott.
Jesus aus Nazareth, dir glaube ich den Frieden. Du hast ihn gelebt mitten im Streit. Du hast dir nichts erspart, und dir ist nichts erspart geblieben. An dir sehe ich, dass Sanftmut nicht Schwäche, Demut nicht Unterwürfigkeit, Friedfertigkeit nicht Passivität ist.
Dir glaube ich den Anfang eines Lebens ohne Herrschaft. Dir glaube ich das Ende der Abschreckung. Dir glaube ich den Ausstieg aus der Vergeltung. Dir glaube ich die Liebe zum Leben ohne den Anspruch auf Besitz.
Dir glaube ich die Nähe zu den Schwachen ohne die Herablassung der Starken. Dir glaube ich die Vergebung der Schuld ohne den Nachgeschmack der Bitterkeit. Dir glaube ich das Leben, das durch den Tod hindurchgegangen ist. Dir glaube ich aufs Wort, auch wenn ich zu träge bin, es zu leben. Dir glaube ich die Tränen, die du über uns weinst, wenn du auf unser Land siehst. Was uns zum Leben dient, das zeigst du uns. Ich bin froh, dass es dich gibt.
Amen.

Fürbitten
für die Menschen, die sich jetzt zu Haus bekriegen
für die Liebenden, die sich jetzt in den Armen liegen
für die Alten, denen die Kinder und Enkel fehlen

für die Enkel, die sich jetzt um sich selber drehen und den Sinn in alledem noch gar nicht sehen
für die Arbeiter, die jetzt verkürzte Löhne kriegen

für die Chefs, die jetzt das Unwägbare abwiegen müssen
für die Kranken, denen unsre Hand jetzt fehlt
für die Ärzte und Pflegekräfte, die ihren Dienst tun, tapfer, Tag um Tag

für die Sterbenden, die jetzt einsam liegen
für das Ungewisse, das uns alle quält
für die Hoffnung, die wir nur durch Christus kriegen

Herr, erbarm dich über uns und stell deinen Engel in unsre Nacht, du hast schon so oft ein Licht angemacht, wenn die Zukunft vor uns lag wie die Nacht
mit deinem Sohn beten wir zu Dir

Vater unser im Himmel

 

Lied: Du für mich wie so groß ist die Liebe

Sendung und Segen
…und wenn ihr geht, dann geht im Frieden, hat Jesus gesagt, in der Krippe mit dem Lachen eines Kindes, am Kreuz mit dem Lächeln eines Mannes, der von anderen Siegen noch weiß
geht hin, ich schenke euch Frieden mit allem, was war, was ist und was kommt.
so segne er uns, der barmherzige und der allmächtige Gott, der Gott, der aus Finsternis Licht machen kann: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. AMEN

 

Zum Domwloaden der Andacht als pdf-Datei

 

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