Fastenandacht 28.03.2020 - "Meine Zuversicht bei Gott"

Pfarrerin Gabriele Schaller

Liebe Fastengemeinde,

heute ist der 28.03.2020. Auf diesen Tag hatten wir uns alle ganz besonders gefreut. Heute wollten wir wandern - „Fastenwandern“ – von Ronneburg durch die „Neue Landschaft“ nach Kauern. Viele waren an der Vorbereitung beteiligt, hatten gute Ideen, Flyer und Wegstrecken ausgedruckt und überlegt wie das Fastenmahl in diesem Jahr gestaltete werden könnte. Schade! Vielleicht ist die Wanderung ja nachzuholen – hoffentlich auch bei so strahlendem Sonnenschein!

Die Andacht für den heutigen Samstag hat Frau Pfarrerin Gabriele Schaller geschrieben. Sie wurde am 27.03.2020 um 19:00 Uhr, zum Abendläuten der Glocken, im Rahmen eines „kleinen“ Gottesdienste gelesen.

Alle die diese Andacht per Email zugesandt bekommen, können einen beigefügten Link öffnen und den ganzen Gottesdienst nachhören.
Auf der Tonaufnahme erklingt Musik:
Sie / Ihr hört Musik der Ronneburger Orgel gespielt von Egbert Sieler und ein Lied gesungen von Dagmar Brenne (Gitarre) aus Ronneburg.
Viel Freude an der der Andacht:

„Meine Zuversicht ist bei Gott.“
Mit diesem Leitwort für die 5. Woche der Fastenzeit begrüße ich Sie herzlich zu dieser Fastenandacht.
Verbunden durch die Kraft des Heiligen Geistes feiern wir miteinander an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten diesen Gottesdienst. Gott, der an keinen Ort gebunden ist,
sondern unter uns Menschen wohnen will, ist in unserer Mitte.
In seinem Namen sind wir zusammen.
Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.

Worte aus Psalm 43
Schaffe mir Recht, Gott,
und führe meine Sache wider das treulose Volk
und errette mich von den falschen und bösen Leuten!
Denn du bist der Gott meiner Stärke:
Warum hast du mich verstoßen?
Warum muss ich so traurig gehen,
wenn mein Feind mich drängt?
Sende dein Licht und deine Wahrheit,
dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg
und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes,
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,
dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.
Amen

Lesung: Hebr. 13, 12-14
Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.
So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.
Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Fastenansprache
Liebe Gemeinde,
verbunden durch das Band der Liebe Gottes zu einer Gemeinde.
Friede sei mit euch!
Amen.
„Schaffe mir Recht!“ So ruft der Dichter des 43. Psalms zu Gott.  Seine Worte gaben dem morgigen Sonntag den Namen „Judika“.
Es ist der 5. Sonntag in der Passionszeit, ein ernster Sonntag, der bereits den Karfreitag in den Blick nimmt.
Er bietet Raum, sich der Erfahrung von Leid und Schmerz zu stellen. Doch der Weg endet dort nicht, sondern führt an einen Ort, an dem das Licht der Hoffnung  wieder zu sehen ist.
Schaffe mir Recht! In unseren Tagen ist das der Ruf vieler.
Im Vordergrund stehen jetzt die von der Corona-Epidemie Betroffenen:
die Erkrankten;
die unter den Folgen der landesweiten Beschränkung Leidenden;
die bis an die Belastungsgrenze geforderten Berufsgruppen;
die Verängstigten, die Trauernden, die Einsamen …
Im Hintergrund laufen all die Nöte und Sorgen weiter, die vorher unsere Welt in Atem hielten:
Menschen auf der Flucht und in den Krisengebieten …
Für mich ist es auch der stumme Ruf unserer Mitgeschöpfe - Pflanzen und Tiere, Land, Flüsse und Meer:
„Schaffe mir Recht!“

Bisher war unsere Gesellschaft von einer ständig wachsenden Beschleunigung in Arbeit und Freizeit ergriffen. Der Sonntag war in den letzten Jahren immer mehr als Ruhetag bedroht. Selbst mancher Kirchenälteste fand nicht mehr die Zeit, Gottesdienst um 10.00 Uhr zu feiern. „Das ist zu spät, um danach noch etwas unternehmen zu können.“, war die Erklärung.
Der Sonntag sollte die Belohnung für den harten und mühsamen Alltag sein. Man wollte sich etwas Schönes gönnen und endlich rauskommen aus dem Alltag. Dafür scheuten viele keine Kraft und Mühe.
Neuer Stress war die Folge: Freizeitstress und keine Zeit, um in Ruhe Gott in der Gemeinschaft mit anderen zu begegnen und sich dadurch stärken zu lassen für den Alltag.
Seit der Corona-Krise ist das anders. Für viele heißt das: Ruhe lernen.
Bisher war das Ziel unserer Gesellschaft, Menschen das Arbeiten beizubringen. Dass wir Deutschen das besonders gut können, darauf sind viele stolz.
Jetzt aber geht es auf einmal für viele darum, Ruhe zu lernen. Ja, wir merken nicht nur Arbeiten muss gelernt werden, auch Ruhe. Sie fällt einem nicht einfach in den Schoss, auch sie will eingeübt werden; z. B.: Das Auto stehen zu lassen und zu Fuß unterwegs zu sein. Sich dem menschlichen Maß stellen.
Gesegnet die, die dafür jetzt die Chance haben, Ruhe im eigenen Umfeld einzuüben. Dabei macht mancher die Erfahrung, wie gut es tut, einfach Zeit mit der Familie zu verbringen. Miteinander intensiver im Gespräch zu sein. Die Freude am gemeinsamen Spiel wiederzuentdecken.
Die verordnete Ruhe ist auch die Gelegenheit für spontane Begegnungen mit Nachbarn, an manchen Orten über die Balkone. Am Anfang ist es Smalltalk, doch manchmal geht das Gespräch tiefer. Beide Seiten erzählen sich, wie sie die gegenwärtige Situation erleben. Was sie bedrückt, was sie zornig macht.
Einen Tag später kommt ein Anruf, wie dieser:
„Frau Schaller, ich möchte meinen Dank ausdrücken für alle, die sich in dieser Zeit unermüdlich dafür einsetzen, diese Krise zu überwinden. Darf ich an die Orgel? Und machen Sie alle Türen weit auf, damit ganz Ronneburg es hört!“
Ich erbitte Bedenkzeit und antworte dann: „Ja, zu unserer ökumenischen Aktion 19.00 Uhr in der Marienkirche –
‚Licht der Hoffnung – Wir halten uns fern und sind füreinander da‘ – ist das möglich.
Ein Ehepaar mit einem Kleinunternehmen, dem plötzlich für das Jahr 2020 alle großen, öffentlichen Veranstaltungen abgesagt wurden, steht kurz vor 19.00 Uhr auf der Orgelempore, um ihre Sorge und Hoffnung stellvertretend für viele andere Gott entgegenzuwerfen: „Gott, schaffe mir Recht“ … Zukunft, Mut!
Da, wo die menschliche Stimme angesichts der Bedrohung zu versagen droht, tritt die Orgel mit all ihren Registern und Pfeifen ein. Im Tutti erschallt:

„Wunderbarer König, Herrscher von uns allen,
lass dir unser Lob gefallen.
Deine Vatergüte hast du lassen fließen,
ob wir schon dich oft verließen.
Hilf uns noch, stärk uns doch;
lass die Zunge singen,
lass die Stimmen klingen.“

Das Wort aus dem Hebräerbrief erinnert daran, dass „Jesus draußen vor dem Tor gelitten hat“.
Draußen sein ist schwer auszuhalten. Das tut weh und verunsichert.
Ich weiß nicht, ob die Aufforderung dieses Bibelwortes mich in einer anderen Situation auch so angesprochen hätte: „Lasst uns zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“
Draußen zu sein aus dem gewohnten Leben ist zurzeit für alle Realität. Das Leiden darunter ist unterschiedlich.
Doch wir alle stehen vor der Herausforderung, damit umzugehen. Ist diese Krise für mich und uns nur eine vorübergehende Ausnahmezeit oder sogar die Chance für Veränderung zu mehr Solidarität, Gemeinschaft und Spiritualität.
Dass wir keine bleibende Stadt haben, erleben wir als Gesellschaft gerade. Auch wir in Westeuropa haben das Leben und den Wohlstand nicht in der Hand.
Diese Erkenntnis soll uns weder lähmen noch panisch werden lassen; vielmehr bewegen, nach der bleibenden Stadt zu suchen.
Für meinen Nachbarn sind es die alten Choräle, die er bereits als Kind auf der Orgel gespielt hat. Wenn er  „Wunderbarer König, Herrscher von uns allen“ spielt - ob auf der Orgel oder dem Waldhorn - dann ist zu spüren, wie er zur Ruhe findet und bei Gott einkehrt. Das überträgt sich auch auf die, die ihm zuhören.
Etwas von der bleibenden Stadt Gottes wird unter uns erfahrbar, etwas von ihrer Hoffnungskraft und ihrem weiten Raum für alles Leben auf dieser Erde.
Amen.  

Fürbittengebet
Gott, du bist da – immer und überall mit deinem Licht. Du hast zugesagt, wo Menschen in deinem Namen zusammenfinden, bist du da.

Wir danken dir für deine Gegenwart, deine Liebe und Treue. Wir danken dir für alle Zeichen der Hoffnung,
für das Zusammenwirken und den Zusammenhalt in der Krise, für die Kraft der Demokratie und die Arbeit der Bundesregierung, für die privaten und öffentlichen Hilfen.

Wir bitten dich für die Betroffenen dieser Krise weltweit für die Infizierten, die Kranken, die Sterbenden.
Sei da mit deinem Licht der Hoffnung.

Wir bitten dich für alle, die eingeschlossen sind und in Quarantäne ausharren, für die von häuslicher Gewalt Bedrohten. für die Alleingelassenen und die Verzweifelten. Sei da mit deinem Licht der Hoffnung.

Wir bitten dich für die Ärzte und die Menschen in den Pflegeberufen, und für alle Mitarbeitenden in den Verkaufsstellen: steh ihnen in ihrer Arbeit und in ihrem Dienst an den Menschen bei. Öffne für sie Räume der Ruhe und Kraft. Sei da mit deinem Licht der Hoffnung.

Wir bitten dich für die Menschen, die mit Angst in die Zukunft blicken. Für alle Selbständigen, die um ihre Unternehmen und Angestellten fürchten. Für alle Menschen in den künstlerischen Berufen
Für die Abiturient*innen und Studierenden
Für die Senior*innen in den Pflegeheimen und ihre Angehörigen.
Sei da mit deinem Licht der Hoffnung.
Wir bitten dich für alle Heimatlosen, Flüchtenden, Obdachlosen,
für alle, die draußen sind
für alle leidende Kreatur.
Sei da mit deinem Licht der Hoffnung.
Bleib bei uns und deiner Gemeinde –
heute und jeden neuen Tag.

Gemeinsam beten wir:
Vater unser im Himmel …

Der Segen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes komme über dich und bleiben bei dir jetzt und allzeit.
Amen.

 

Wir danken Frau Schaller für diese Andacht.

Die nächste Andacht wird Ihnen / Euch am 04.04.2020 zugestellt und von Prädikant Mirko Weisser verfasst.

Alles Gute und Gottes Segen für die kommende Woche.
Grit Weidner

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