1. Sonntag nach Ostern I Quasimodogeniti I Haselbach, 19.04.2020 I

Grit Weidner, Lektorin

Wir bleiben in Verbindung!

Leider finden in unsren Kirchen auch weiterhin keine Gottesdienste statt. Sie bekommen, wie schon in der Passionszeit, wöchentlich eine schriftliche Andacht und einen Podcast zum Nachhören (für alle die unsere Andachten per Email oder Handy empfangen).

In den Kirchengemeinden Rückersdorf und Haselbach werden wir auch weiterhin jeden Sonntag um 10:00 Uhr die Glocken läuten lassen und laden damit zum Gebet ein.  

Herzliche Grüße aus Haselbach
Grit Weidner


 

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesus Christi von den Toten.“
Ostern war anders in diesem Jahr. Aber nicht das, was an Ostern in die Welt gekommen ist. Eine lebendige Hoffnung und eine große Kraft. Gegen alle Müdigkeit dieser Tage lasst uns daran festhalten.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.  Amen.
 

MEDITATION zu Psalm 116

Du hast meine Seele vom Tode errettet, und meine Tränen getrocknet, Halleluja! Ich liebe und preise dich, Gott, du hörst auf meine Stimme.

Du neigst dein Ohr zu mir und vernimmst selbst das, was ich noch gar nicht gesagt habe. Darum wage ich es, und wende mich zu dir im Gebet. Ich will dich anrufen mein Leben lang.

Die Stricke des Todes hatten mich schon gefangen, die Schatten der Unterwelt waren schon auf mich gefallen. Ich war in Jammer und Not geraten. Aber als ich zu dir rief, da rettetest du mich wie durch den Tod hindurch.

Du bist gnädig und gerecht, voller Liebe und Barmherzigkeit. Du kümmerst dich um mich wie eine Mutter um einen Säugling. Bei dir darf ich schwach sein, du hilfst mir und machst mich wieder stark.

Du hast meinen Fuß mit starker Hand vor dem Straucheln bewahrt. Darum ist meine Seele voll Dank, darum werde ich vor dir wandeln und im Lande der Lebendigen bleiben immerdar. Du hast meine Seele vom Tode errettet, und meine Tränen getrocknet, Halleluja!

 

Andacht

Liebe Gemeinde / Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer

Die Rückkehr aus dem Exil verzögert sich. Gespannt werden die Verlautbarungen der Regierenden verfolgt. Entstanden in den engsten Kreisen der Berater und Fachkundigen werden sie zu Maßnahmen, zu Anordnungen und Empfehlungen, ungeduldig erwartet von denen, die regiert werden. Ein Seufzen geht durch das ganze Land. Vieles weiß man noch nicht, aber eines ist schon sicher: Es gibt noch keine Rückkehr in die alten Verhältnisse. Die Einschränkungen gelten weiter, einige wenige Lockerungen sind unter Auflagen möglich. Die Aussichten sind insgesamt eher verhalten. Für mich, für uns als Christen die Nachricht: immer noch keine Gottesdienste, keine Andachten, kein Bibelgesprächskreis, keine Frauenkreis, kein Treffen, nichts. Ernüchternd!

Wie werden wir das Land, unser Land, vorfinden und die Menschen darin? Wie werden wir uns, auch uns als Kirchengemeinde, wiederfinden in dem großen „Danach“, für das es kein Datum gibt und keine Frist, die wir noch auszuharren hätten?

Es war zum Müde-Werden damals. Sie sind uns auf einmal seltsam nahe, die Menschen im Exil in Babylonien, so lange vor unserer Zeit, herausgeführt aus ihrem Land in eine fremde Umgebung, voller Hoffnung auf eine Rückkehr und ein Danach. Wir sind ihnen nahe, herausgeführt aus unserem Land, unserem Alltag. Eine andere Art Fremdheit, schlimmer noch als ihre damals. Denn wir wurden in keine Fremde geführt. Es ist unsere Heimat, in die wir verbannt sind. Leer und still die Straßen, die täglichen Wege nur eilig und auf das Notwendigste beschränkt. Menschen begegnen sich nur noch auf Abstand, die Hand geben, sich umarmen ist nicht erlaubt und selbst ein freundliches Lächeln verschwindet in diesen Tagen meist hinter einer Maske. So wird es bleiben, noch für Wochen, Monate vielleicht. Am Mittwoch saßen wir vor den Nachrichten, gespannt, bereit wie zum Start, nur um zu hören: Es wird sie nicht geben, die schnelle Rückkehr. Das „Danach“ ist bis auf Weiteres verschoben. Die Kraft beginnt zu erlahmen. Es ist zum Müde-Werden.

Wir sind nicht die Ersten und die Einzigen, die müde werden. Es ging schon anderen Menschen zu anderen Zeiten so. Und wir sind auch jetzt nicht allein damit, denn es geht ja allen Menschen so, in unserem Land und auf der ganzen Welt. Niemand hat je so etwas erlebt, es ist für alle das erste Mal und keiner ist es gewohnt. Es ist, als wäre allen Menschen die Welt zur Fremde geworden.
Und in so einer Situation reichen die kleinen Antworten nicht mehr. Auch nicht die Antwort, dass es uns in unserem Land ja vergleichsweise mit am besten geht auf der ganzen Welt. Denn müde bis zur Verzweiflung muss man ja erst recht werden, wenn sich jetzt schon zeigt, wie dies überall am schlimmsten die Armen und Schwachen trifft.

Die Müden damals haben eine große Antwort bekommen, eine, die sie gezwungen hat, aufzublicken, anstatt immer nur auf Sicht zu fahren. Denn das ist nicht die Perspektive der Menschen, die zu Gott gehören. Ihre Perspektive ist eine andere:

Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen, seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt. Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: „Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber“? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. (Jesaja 40,26-31)

Die müden Menschen damals in Babylonien waren schon fast so weit heruntergekommen, die dort herrschende Meinung zu teilen: Dass es himmlische Mächte gibt, verkörpert in Sonne, Mond und Sternen, funkelnd und fern über ihnen, feurig oder kalt, aber in jedem Fall ganz unberührt von dem Schicksal kleiner Menschen auf der Erde.

Aber so ist es mit ihrem Gott nicht. Gott war bei ihnen, unten auf der Erde. Gott hat sie aus der Sklaverei in Ägypten herausgeführt, all die Männer, Frauen und Kinder. Gott ist mit ihnen in der Wüste gewesen und später dann im Land der Verheißung. Und Gott ist auch jetzt bei ihnen in dieser Fremde, die sie so müde macht.

Und so, wie Gott sie geführt hat, vollzählig, und sie mit Namen kennt, so macht er es auch mit Sonne, Mond und Sternen. Gott führt sie heraus und gibt ihnen Namen. Es gibt keine fremden himmlischen Mächte, funkelnd und fern, kalt und unberührt von den kleinen Schicksalen der Menschen. Es gibt nur Gott. „Hebt eure Augen in die Höhe und seht!“ Wo du auch hinblickst, da ist Gott, fern und nah zugleich und immer da.

„Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt.“ (Jesaja 40,28). „Weißt du nicht?“ Auf Hebräisch heißt das Halo? Und man sollte es übersetzen mit „Hallo? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört?“. Das ist ein Hallo-Wach-Ruf an die Müden zu allen Zeiten. Gott wird nicht müde noch matt. Nie. Und Gott hat uns Menschen ja nach seinem Bild gemacht. Wir sind ihm ähnlich. Und das zeigt sich auch jetzt, in dieser fremden Zeit.

Ich sehe neben der Müdigkeit so viel Kraft, an jedem Tag neu. Am Anfang, als alles so fremd und ungewohnt war, gab es häufig Streit, besonders dort, wo auf einmal alle den ganzen Tag zusammen waren, die Kinder zu Hause, die Eltern im Home-Office. Jetzt schon sagen viele, dass es auch schön ist, einmal so lange als Familie zusammen sein zu können.
Am Anfang haben sich viele, besonders Ältere, vor der Einsamkeit gefürchtet. Und haben erlebt, wie viel mehr Aufmerksamkeit und Sorge füreinander es auf einmal gibt. Einkaufsservice, Kuchen im Treppenhaus und jeden Tag ein Anruf.
Am Anfang haben wir gedacht, wie es gehen soll, wenn Gottesdienste und Veranstaltungen in den Gemeinden lange Zeit nicht stattfinden können. Und dann gab es so viele Ideen und eine große Kreativität, um Gottes Wort auch unter diesen besonderen Umständen zu verkündigen. Wir haben neue Kraft bekommen. Uns sind Flügel gewachsen. Und wir vergessen auch nicht, dass wir von unserer eigenen Not absehen müssen und sie ins Verhältnis setzen zu anderer, viel größerer Not. Da müssen wir noch viel wacher werden.

Wie werden wir uns wiederfinden in dem großen „Danach“, wie werden wir einmal auf diese Zeit zurücksehen, als wir fremd waren in unserem eigenen Land? Ich glaube, wir werden uns nicht an die Müdigkeit erinnern. Sondern an die Kraft, an die Flügel. Was wir tragen konnten. Und wie getragen wir sind.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alles, was wir erkennen, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN  


Fürbitten (zu Psalm 116)

Gott, es ist uns lieb, dass du unsere Stimmen und unser Flehen hörst.
Du neigst uns dein Ohr zu, darum rufen wir zu dir, unser Leben lang.

Zu dir rufen in diesen Tagen die Kleinen, die Kinder, denen vieles fehlt, Schule und Kita, Möglichkeit zum Spielen draußen, ihre Großeltern.
Wir bitten dich besonders für die Kinder und Jugendlichen, die in schwierigen Verhältnissen leben müssen, die statt Unterstützung und Liebe Vernachlässigung und Gewalt erfahren.
Wir bitten dich für die Kinder und Jugendlichen in den Slums und den Lagern, für die vielen, um die sich keiner sorgt und kümmert, für ihren Jammer und ihre Not.

Zu dir rufen in diesem Tagen die Großen, die Erwachsenen, auf denen Last und Verantwortung ruht, die stark für andere sein müssen.
Wir bitten dich für die Menschen in den Behörden und Regierungen, die Entscheidungen treffen und Maßnahmen anordnen müssen; für alle, die für die Kranken da sind und sich um die Schwachen kümmern.
Sie sind nicht allein. Du behütest die Unmündigen, Gott, und hilfst denen, die schwach sind und du bist für die da, die es dir nachtun.

Zu dir rufen in diesen Tagen die Alten, die zur Einsamkeit gezwungen sind, denen Besuche und Nähe fehlen.
Wir bitten dich besonders für die, die nicht mehr verstehen können, was gerade geschieht, für die Demenzkranken und für die Sterbenden.
Errette du ihre Seelen vom Tode, ihre Augen von den Tränen, ihren Fuß vom Gleiten. Umhülle du sie mit deiner Liebe.

Gott, es ist uns lieb, dass du unsere Stimmen und unser Flehen hörst.
Du neigst uns dein Ohr zu, darum rufen wir zu dir, unser Leben lang.
Wir werden wieder wandeln im Land der Lebendigen. Lass uns darauf vertrauen. Amen.

Vater unser im Himmel

Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist

 

Die Andacht zum Downloaden als pdf-Datei.

 

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